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Winter wie er früher war
Abends beim Essen, meine Eltern ich endlich meinen Schnee- dass wir in der Schule ab
sprachen über notwendige Repa- mann bauen und Schlitten 10.00 Uhr schneefrei bekamen.
raturen am Gartenzaun, als fahren!“, jauchzte ich froh. Zu Hause fl og der Ranzen
meine Mutter auf einmal sagte: Am nächsten Morgen fi el in die Ecke und dann ab in den
„Auch das noch, jetzt fängt es mir das Aufstehen leicht. Gut, Garten. Es dauerte nicht lange
auch noch an zu schneien.“ dass keine Eisblumen am Fens- und schon stand er da, mein
Ich lief zum Fenster. Oh, ter waren, so konnte ich die Schneemann. Im Keller holte
ja, dicke weiße Flocken fi e- weiße Pracht gleich erkennen. ich zwei Stückchen Kohle für
len vom Himmel. „Jetzt kann Es hatte so stark geschneit, die Augen. Mutter kam mit
einer Möhre und einem schwar-
zen Hut. Der alte Reiserbesen
war auch zur Stelle, und schon
war mein Schneemann fertig.
Schnell noch was gegessen
und dann ab auf die Schlitten-
bahn. Drei Kinder banden gerade
ihre Schlitten zusammen. Da
machte ich doch gleich mit.
Ein Junge kam auf dem Bauch
liegend von ganz oben ange-
saust. Autos brauchten wir nicht
zu fürchten, denn es gab damals
nur drei in unserem Ortsteil.
In besonders kalten Jahren,
wenn wir morgens Eisblumen an
den Fenstern hatten, war die Sieg
zugefroren, sodass wir Schlitt-
schuh laufen und Eishockey
spielen konnten. Das war zwar
nicht jedes Jahr so, aber immer
ein Riesenspaß. Wir konnten
nie genug davon bekommen.
Und heute?
Heute hat der Klima-
wandel vieles verändert.
Heute sind die Kinder froh,
wenn es für zwei drei Tage
schneit, und zugefrorene Flüsse
gibt es in unserer Gegend schon
lange nicht mehr. Doch die Kinder
von damals, die heutigen Senio-
ren, sind mit der leichten Ausgabe
des Winters durchaus zufrieden.
Foto: pexels.com Werner Zöller
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