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SENIOREN IM WESTERWALD


                      Lokführer mit Leib und Seele




                                           Born gingen, stießen wir auf eine    denn Zusammenstöße mussten
                                           fast schon antike Eisenbahnglocke.   unbedingt vermieden werden.
                                           Dort begrüßte uns dieser herzlich       Während die Züge über
                                           und lud uns ein, mit dem bereit-     die Gleise ratterten, durf-
                                           gelegten Klöppel das alte Läute-     ten meine Enkel ihnen auf der
                                           werk mehrmals läuten zu lassen.      Anlage ganz nahekommen.
                                              Ein Stückchen weiter in sei-      Und dabei hatten nicht nur
                                           nem Garten entdeckten wir auch       sie ihre helle Freude daran.
                                           gleich die etwa 40 Quadrat-             Herr Born erzählte, dass
                                           meter große Eisenbahnmodell-         er schon vielen Kindern und
                                           anlage mit Bahnhof, Stellwerk,       Schulklassen mit seiner Anlage
                                           Wasserturm, Lokschuppen,             große Freude bereiten konnte.
                                           Brücken, Tunnel und den Glei-           Wir hatten das Gefühl, hier
                                           sen mit vier Eisenbahnzügen.         vermittelt ein Mann nachfolgen-
                                              Erst einmal entführte er uns in   den Generationen etwas von
                                           seinen Hobbykeller, in dem eben-     seinem Dienst, den er wohl mit
                                                                                viel Enthusiasmus und Einsatz-
                                           falls eine Eisenbahnanlage auf-
                                          Fotos: Bernd Schneider  gebaut war, die er uns vorführte.   bereitschaft ausgeübt hat.
                                           Daneben waren Vorsignale, Haupt-
                                                                                   Zu seinem Traumberuf war er
                                           signale, Weichenlampen und vieles  durch seinen Großvater und Vater
                                           mehr im Original angebracht. Wir
                                           staunten nicht schlecht, wie groß    gekommen, die bei der Reichs-
                                                                                bahn als Dienststellenleiter und
      An einem schönen Sommertag           dieses Zubehör in Wirklichkeit war.   Lokführer arbeiteten. Außerdem
      lud ich drei meiner Enkelkinder         Nach dieser Besichtigung          wohnte die Familie in den 40er
      in mein Auto zu einer Spazier-       ging’s nun zur großen Anlage im      Jahren zwischen Altenkirchener
      fahrt mit Überraschung ein. Als      Garten. Die Enkel durften die        Bahnhof und dem Betriebswerk,
      wir in Altenkirchen durch den        Züge unter Herrn Borns Anlei-        sodass Franz-Albert als kleiner
      Mauerbogen am Haus des ehe-          tung fahren lassen. Das war          Junge die vorbeiratternden Loks
      maligen Lokführers Franz-Albert      spannend und brenzlig zugleich,      täglich von Nahem sehen konnte.
                                                                                   Wie es allgemein üblich
                                                                                war, erlernte er vor der Kar-
                                                                                riere als Lokführer den Beruf
                                                                                des Schlossers, um die riesige
                                                                                Dampfl okomotive in Tech-
                                                                                nik, Material und Handhabung
                                                                                gründlich kennenzulernen und
                                                                                später fahren zu können – noch
                                                                                heute sicherlich für manchen
                                                                                Jungen ein Traumberuf. Danach
                                                                                folgten die üblichen Schritte:
                                                                                Lokführeranwärter, Lokführer,
                                                                                Ober- und Hauptlokführer.
                                                                                   Heute ist der Einsatz von
                                                                                Dampfloks fast nur noch bei
                                                                                Nostalgiefahrten zu bewundern.
                                                                                Doch diese technischen Dino-
                                                                                saurier hinterlassen aus der Nähe
                                                                                betrachtet dann immer wieder
                                                                                einen gewaltigen Eindruck. 
                                                                                                       Bernd Schneider

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