Page 16 - Jahresringe-114_komplett
P. 16
SENIOREN IM WESTERWALD
Lokführer mit Leib und Seele
Born gingen, stießen wir auf eine denn Zusammenstöße mussten
fast schon antike Eisenbahnglocke. unbedingt vermieden werden.
Dort begrüßte uns dieser herzlich Während die Züge über
und lud uns ein, mit dem bereit- die Gleise ratterten, durf-
gelegten Klöppel das alte Läute- ten meine Enkel ihnen auf der
werk mehrmals läuten zu lassen. Anlage ganz nahekommen.
Ein Stückchen weiter in sei- Und dabei hatten nicht nur
nem Garten entdeckten wir auch sie ihre helle Freude daran.
gleich die etwa 40 Quadrat- Herr Born erzählte, dass
meter große Eisenbahnmodell- er schon vielen Kindern und
anlage mit Bahnhof, Stellwerk, Schulklassen mit seiner Anlage
Wasserturm, Lokschuppen, große Freude bereiten konnte.
Brücken, Tunnel und den Glei- Wir hatten das Gefühl, hier
sen mit vier Eisenbahnzügen. vermittelt ein Mann nachfolgen-
Erst einmal entführte er uns in den Generationen etwas von
seinen Hobbykeller, in dem eben- seinem Dienst, den er wohl mit
viel Enthusiasmus und Einsatz-
falls eine Eisenbahnanlage auf-
Fotos: Bernd Schneider gebaut war, die er uns vorführte. bereitschaft ausgeübt hat.
Daneben waren Vorsignale, Haupt-
Zu seinem Traumberuf war er
signale, Weichenlampen und vieles durch seinen Großvater und Vater
mehr im Original angebracht. Wir
staunten nicht schlecht, wie groß gekommen, die bei der Reichs-
bahn als Dienststellenleiter und
An einem schönen Sommertag dieses Zubehör in Wirklichkeit war. Lokführer arbeiteten. Außerdem
lud ich drei meiner Enkelkinder Nach dieser Besichtigung wohnte die Familie in den 40er
in mein Auto zu einer Spazier- ging’s nun zur großen Anlage im Jahren zwischen Altenkirchener
fahrt mit Überraschung ein. Als Garten. Die Enkel durften die Bahnhof und dem Betriebswerk,
wir in Altenkirchen durch den Züge unter Herrn Borns Anlei- sodass Franz-Albert als kleiner
Mauerbogen am Haus des ehe- tung fahren lassen. Das war Junge die vorbeiratternden Loks
maligen Lokführers Franz-Albert spannend und brenzlig zugleich, täglich von Nahem sehen konnte.
Wie es allgemein üblich
war, erlernte er vor der Kar-
riere als Lokführer den Beruf
des Schlossers, um die riesige
Dampfl okomotive in Tech-
nik, Material und Handhabung
gründlich kennenzulernen und
später fahren zu können – noch
heute sicherlich für manchen
Jungen ein Traumberuf. Danach
folgten die üblichen Schritte:
Lokführeranwärter, Lokführer,
Ober- und Hauptlokführer.
Heute ist der Einsatz von
Dampfloks fast nur noch bei
Nostalgiefahrten zu bewundern.
Doch diese technischen Dino-
saurier hinterlassen aus der Nähe
betrachtet dann immer wieder
einen gewaltigen Eindruck.
Bernd Schneider
16