Stalken, Bloßstellen, Diffamieren

Digitale Gewalt nimmt zu

Unerwünschte Paketlieferungen, dank Fotomontage pornografische Darstellungen, Haushaltsgeräte, die von Geisterhand zu laufen beginnen - alles mit wenigen Klicks machbar, wenn die Wut über den oder die Partnerin groß genug ist. Um sich digitale Gewalt zu informieren, waren die Mitglieder des Runden Tisches Rhein-Westerwald i. R. des Rheinland-Pfälzischen Interventionsprojektes RIGG der Einladung der Gleichstellungsbeauftragten des Westerwaldkreises und Kreises Neuwied gefolgt.

Staatsanwalt Rainer Franosch, Leitender Ministerialrat und Referatsleiter für Strafverfahrensrecht und Cybercrime im Hessischen Innenministerium, verdeutlichte an der Entwicklung des Stalking-Paragrafen §238 StGB, wie sich die Rechtsprechung aufgrund immer perfideren Gewaltmethoden anpassen muss.

Im Wesentlichen bezögen sich die Delikte auf die Übernahme oder den Diebstahl virtueller Identitäten, sprich die Übernahme von Accounts, bzw. der Einrichtung von Fake-Accounts, die Bloßstellung im Internet und natürlich sexuelle Belästigungen jedweder Art.

„Uns zeigt die Erfahrung, dass digitale Gewalt genauso schwer wiegt wie physische und psychische Gewalt“, betonte Franosch und verwies auf Fälle, die mit Umzug, Namensänderung, psychischen Erkrankungen oder gar Selbstmord enden.

Dass der Gesetzgeber auf die Veränderungen in der digitalen Welt reagiert, könne man an der Entwicklung des § 238 StGB deutlich nachvollziehen: 2007 wurde Stalking als Straftatbestand eingeführt, 2017 erfolgte bereits eine Novellierung und 2021 nach einer Evaluation schließlich eine weitere Verschärfung. Dabei geht es darum, dass die Lebensgestaltung nicht unerheblich zum wiederholten Male beeinträchtigt wird.

Ein großes Problem sei, so der Referent, die Scham der Betroffenen und die Beweisführung. In diesem Zusammenhang verwies Franosch auf die Anti-Stalking-App des Weißen Rings, die es unentgeltlich in jedem App-Store gibt und zur Dokumentation von Stalking-Aktionen sehr gut geeignet sei.

Die Organisatorinnen des Runden Tischs Rhein-Westerwald Doris Eyl-Müller, scheidende Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Neuwied, ihre Nachfolgerin Daniela Kiefer und Beate Ullwer, Gleichstellungsbeauftragte des Westerwaldkreises, dankten Franosch für seine umfassende Expertise. „Alles, was uns die digitale Welt bietet, gibt es auch analog, allerdings alles schneller, anonymer und im gewissen Sinne nachhaltiger“ beobachtet Eyl-Müller. „Umso wichtiger ist es, durch konsequente Strafverfolgung darauf hinzuwirken, dass Gewalt in der Partnerschaft geahndet wird. Sie ist eben keine Privatsache - gleichgültig, ob sie im realen Leben oder virtuell ausgeübt wird.“

Foto: Pressestelle des Westerwaldkreises

BUZ: Leitender Ministerialrat Rainer Franosch mit den Gleichstellungsbeauftragten Beate Ullwer, Daniela Kiefer und Doris Eyl-Müller (v.l.n.r.)

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