Keramikmuseum Westerwald

Jurybegründung zur Preisvergabe zum Südwestdeutschen Keramikpreis 2020

Martin Neubert erhält 2020 den zum zweiten Mal verliehenen Südwestdeutschen Keramikpreis.

Die sehr hohe bildhauerische Qualität und die Tiefgründigkeit seiner figürlichen Arbeiten mit der ihnen eigenen emotionalen Kraft überzeugten die Jury nachdrücklich.

Neubert gibt die menschliche Figur in einer feinfühligen, nuancenreichen, von Achtung und Respekt geleiteten Art wieder. Sein Augenmerk richtet er vorrangig auf die Außenseiter, auf die Verlierer oder die „Clowns“ am Rande der Gesellschaft. Von ihnen gestaltet er ausdrucksstarke Abbilder, die Fröhlichkeit aber auch Traurigkeit evozieren, Empathie wecken aber ebenso verstören können.

Es ist insbesondere das würde- und liebevolle Porträtieren von zerbrechlichen Individuen mit fratzenhaften Zügen, welches die Jury überzeugte. Gleichermaßen beeindruckt aber auch Neuberts künstlerisches Potential. Seine Figuren lösen beim Betrachter ein breites Spektrum ambivalenter Gefühle aus. Die Zerrissenheit und Unausgeglichenheit seiner Charaktere, deren innere Bewegtheit, spiegeln sich auch in Neuberts künstlerischem Duktus und den vielfarbigen, glasierten Oberflächen wider. Collagenartig baut er seine Figuren auf und bringt im übertragenen Sinne deren Vielschichtigkeit zum Ausdruck. Immer präsent ist dabei Neuberts lustvoller Umgang mit dem keramischen Material, seine Freude am – wie er es selbst formuliert – „Aneinanderkleben“ einzelner Komponenten.

Martin Neubert bezieht mit seinem Werk eindeutig Position und beweist Mut: das inhaltlich wie ästhetisch Nonkonforme stellt er in den Mittelpunkt, er akzentuiert das Beklemmende und verschmäht das Gefällige. Neubert erklärt sich zum Sprachrohr der Außenseiter: „Mich bewegen die gehandicapten Alltagsunhelden, die Hindernisse und Brüche zu überwinden versuchen. Die „nervösen Jungs“ um die Ecke, die nicht anders können als etwas wirr unangepasst zu sein. Ich zeichne, murkse, pfriemele, tüftle. Fehlversuche und Bredouillen ergeben das endgültige Bild – das Ziel ist eine glaubhaft formulierte Zuversicht.“

Den Südwestdeutschen Keramikpreis lobt die SV Sparkassenversicherung alle drei Jahre aus. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird an keramisch arbeitende Künstler*Innen aus einer der vier Förderregionen der SV SparkassenVersicherung – Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen – verliehen. Kooperationspartner sind der BdK Bund der Kunsthandwerker Baden-Württemberg e. V., das Keramikmuseum Westerwald und das Badische Landesmuseum Karlsruhe.

Die Jury, bestehend aus Wolfgang Lösche (Handwerkskammer München), Reinhold Ludwig (Herausgeber Magazin Art Aurea) und Johannes Nagel (Künstler), zusammen mit Heidrun Jecht (Badisches Landesmuseum) und Dr. Nele van Wieringen (Keramikmuseum Westerwald), nominierte insgesamt 10 KünstlerInnen: 

  • MONIKA DEBUS (Höhr-Grenzhausen, RLP)
  • UWE LÖLLMANN (Hilzingen-Weiterdingen, BW)
  • MARTIN NEUBERT (Weimar, TH)
  • HEIDE NONNENMACHER (Nattheim, BW)
  • SEBASTIAN SCHEID (Büdingen-Düdelsheim, HE)
  • MARTIN SCHLOTZ (Laudert, RLP)
  • GUIDO SENGLE (Kassel, HE)
  • SEBASTIAN STÖHRER (Frankfurt am Main, HE)
  • THOMAS WEBER (Ludwigsburg, BW)
  • SONG ZHIFENG (Höhr-Grenzhausen, RLP)

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